Rennbericht 40. ADAC 24h Rennen Nürburgring 17.-20.5.2012
von Ronny Tobler
Was für eine Woche, was für ein Rennen! Ups und Downs, Emotionen, Schweiss, Hoffnung und am Schluss ein unglaublicher zweiter Platz in der Klasse SP6 mit dem BMW M3 CSL #95. Aber beginnen wir am Anfang:
Anfang Jahr wurde ich von Michael Kroll vom Hofor Racing Team angefragt, ob ich Lust hätte das 24 Stunden Rennen auf einem BMW M3 zu bestreiten. Lust? Ein Traum! Hätte das Team noch Platz für einen zweiten Fahrer? Auch dies war schnell geklärt und Jürg war ebenfalls Teil des 24h Fahrerteams. So sollten je drei Fahrer ein Rennwagen über die 24 Stunden bringen, Michael und Martin waren jeweils als Springer für unvorhergesehene Ereignisse auf beiden Autos genannt.
BMW M3 Nr. 94 | BMW M3 Nr. 95 |
Michael Kroll | Michael Kroll |
Martin Kroll | Martin Kroll |
Chantal Kroll | Jürg Tobler |
Roland Eggimann | Ronny Tobler |
Ab diesem Zeitpunkt fingen die Vorbereitungen an, viele Telefonate mit Michael zu vielen Details. Der Plan für die Saison wurde skizziert und finalisiert. Jürg und ich sollten alle 3 VLN Rennen vor dem 24h Rennen mit dem Peugeot 207 bestreiten, davon ein Rennen als Doppelstarter auf dem BMW M3, um das Fahrzeug kennenzulernen. Wir installierten das Funk System des Hofor Racing Teams und kauften ein paar Sets zusätzliche Unterwäsche und – für alle Fälle – einen zusätzlichen Helm als Ersatz. Zu diesem Zeitpunkt begann ich auch eine Liste zu führen über alle Dinge, die wir mitnehmen mussten, die Excel Datei wuchs bis kurz vor dem Rennen auf fast 100 Positionen an.
Für alle Fahrer war dies das erste 24 Stunden Rennen am Nürburgring – ein ganz besonderes Erlebnis. An der letzten Hochzeit, die wir besuchen durften, wurde diese von einem befreundeten Kamerateam aufgezeichnet und ein professioneller Film erstellt. So ein Film über unser Abenteuer wäre natürlich genial. Nach Vorstellung der Idee waren alle Beteiligten begeistert und Dejan Grujcic und Team nahmen die Herausforderung an, denn sie hatten bis dahin noch keinen Motorsportfilm gedreht. Daraufhin durfte ich mich um die Drehlizenz kümmern (Dank an Wige für die gute Betreuung) und ein Prozess musste erarbeitet werden, um die 24 Stunden auf den Onboard Kameras festzuhalten. In den Fahrzeugen ist schon fix ein VBOX System installiert, das ein Video mit Geschwindigkeit, Front, Heck und Fahrerkamera erstellt. Leider zeichnet dieses nicht in HD auf, sodass wir noch eine GoPro hinter dem Fahrer positioniert hatten, die in HD aufnehmen sollte. Die GoPro war über USB Strom direkt mit dem Fahrzeug verbunden, bei jedem Boxenstopp sollte die SD Karte ausgewechselt werden. Dazu wurden Flurin und Role instruiert, die über die 24 Stunden den Wechsel beider Kamerasysteme sichergestellt hatten.
Der Event rückte immer näher und zwei Wochen vor dem 24 Stunden Rennen wurde ein Team Meeting bei Widberg Motorsport in Gerlafingen organisiert. Dies gab uns Gelegenheit einander kennenzulernen. Schnell wurden zwei Dinge klar: 1) wir haben eine super lustige Truppe zusammen und 2) das sind Profis, wir sind in guten Händen. Die beiden Partner von Widberg Motorsport Role und Bruno machen seit über 25 Jahren Motorsport. Alles in allem zählte unser Team mit Fahrer, Mechaniker, Renningenieur, Köchinnen und Filmcrew 25 Personen. Dazu kamen ein Lastwagen mit 5 Tonnen Material, zwei Scooter und zwei BMW M3 Rennwagen. Rolli brachte ein Wohnmobil mit und ich habe ein Wohnwagen mit Vorzelt für die Filmcrew gemietet.
Am Montag war Anreisetag. Morgens um 6:00 fuhren Rolli und Anthony im Wohnmobil, Claudio und Role mit dem Lastwagen und ich im Auto los. Meine erste Station war in Koblenz den Wohnwagen zu holen. Kurz vor 14 Uhr kamen wir gemeinsam am Ring an und nahmen die Wohnmobilscheine und Papiere entgegen. Diese ermöglichten uns die Einfahrt in den Wohnmobilpark gegenüber vom Lindner Hotel. Nachdem wir Wohnmobil und Wohnwagen positioniert hatten und am Aufstellen des Vorzelt waren, wurden wir darauf hingewiesen, dass das Zelt in die Feuerwehrstrasse ragte. So durften wir die Stützen wieder einfahren und unsere mobilen Häuser an einem anderen Ort aufschlagen (auf dem Platz, den wir von Anfang an wollten). Mit den Wohnwagen der Küpper Truppe Bernd & Björn stellten wir die Wohnwagen zusammen. Claudio und Role waren am Nachmittag mit etwas Verspätung eingetroffen (Zollformalitäten) und beklebten den einen BMW mit der obligatorischen Werbung. Am Abend waren wir mit Aufstellen fertig und gingen müde aber gut gelaunt in Barweiler essen.
Am Dienstagmorgen war unser Lastwagen für die Einfahrt ins Fahrerlager um 11:00 vorgesehen. Daraus wurde leider nichts, Claudio durfte mit dem Lastwagen ganze 6 Stunden auf der GP Strecke warten, bis wir Einlass bekamen. Dies warf uns im Zeitplan zurück. Immerhin konnte das Team die Zeit nutzen, indem sie den zweiten M3 beklebten und die Technische Abnahme beider Fahrzeuge machten. Zwischendurch fuhr ich nach Bonn und holte die Filmcrew am Flughafen ab. Einmal im Fahrerlager wurde unser LKW an der falschen Stelle positioniert, so durfte Claudio den LKW neu parken, an einer anderen Stelle als ursprünglich geplant. Beim Zelt aufstellen fehlten dann 20cm, unser Zelt drückte gegen ein Zelt der ersten Reihe. Ein pragmatischer Weg, die Vorfahrt um 20cm der vorderen Lastwagen brachte relativ schnell die Lösung. Dies alles hat viel Zeit gekostet und auch um 22:00 waren wir noch nicht mit dem Aufbau fertig, entschieden uns jedoch Essen zu gehen und am nächsten Morgen weiter zu arbeiten.
Am Mittwochmorgen war ich mit der Filmcrew rund um den Ring unterwegs. Sie hatten gut recherchiert und wussten bereits welche Orte gut zum Filmen und Fotografieren sind. Zwischen 9:00-13:00 sind wir verschiedene Punkte abgefahren, auch die eher schwierig zu erreichenden Orte, wie das Caracciola Karussell aussen. Der Audi Allroad durfte dabei zeigen wozu Allrad und ein verstellbares Luftfahrwerk gut sind. Denn die Strassen dorthin waren unbefestigt. Währenddessen holte Martin Natasa am Flughafen ab. Am Nachmittag machten wir den ersten Grosseinkauf im Rewe und Natasa hat für das gesamte Team Abendessen zubereitet, in einer Menge, die sie vorher noch nicht kannte. Es hat super geschmeckt!
Am Donnerstag hiess es ausruhen für die Fahrer, entspannen und Energie tanken für alles was noch folgen sollte. Jeder hat dies etwas anders gemacht. Ich habe viel geschlafen, Jürg ging joggen. Am Morgen hatten wir die obligatorische Fahrerbesprechung, am Nachmittag endlich startete der 24h Event mit dem freien Training. Der Plan war es die Funktion der Fahrzeuge zu überprüfen, das heisst ein paar Runden fahren und dann das Fahrzeug wieder abstellen. Michael und Roli machten sich auf den Weg und kamen nach zwei Runden wieder in die Box. Alles gut, die Autos liefen. Chantal wollte noch zwei Runden auf der GP Strecke absolvieren und fuhr mit der #94 raus. Auf der GP Strecke platzte der Motor, das Auto wurde nach kurzer Wartezeit zurück an die Box gebracht. Ein kapitaler Motorschaden war eingetreten, Bruno konnte mit blosser Hand den Pleuel aus dem Motorblock entfernen. Ratlose Gesichter. Ein frisch revidierter Motor, der nur zwei VLN Läufe gelaufen war? Da es nur Erkundungsrunden waren ist es selbstredend, dass Chantal keine Schuld trifft. Ein neuer Motor musste her aber dies war nicht so einfach. Die #94 hat im Gegensatz zur #95 keinen Serienmotor. Nach ca. 2 Stunden war ein Motor gefunden und der Plan finalisiert. Das Tschornia Motorsport Team hatte ein Auto zum Verkauf, das den gleichen Motor eingebaut hatte. In der Zwischenzeit waren die Jungs von Jörg van Ommen Autosport mit einem Motorkran zur Stelle (Herzlichen Dank!). Unser Team baute den Motor aus. 300km entfernt baute Tschornia Motorsport ebenfalls den Motor aus dem anderen Fahrzeug aus.
Nun durfte ich den Anhänger holen, damit der M3 aufgeladen und in die Werkstatt des anderen Teams gebracht werden konnte. Achja, da war ja noch das erste Zeittraining am Abend! Ab 19:00 durften wir uns auf der #95 fürs Rennen qualifizieren. Das bedeutete, dass Michael, Martin, Jürg und ich je 2 Runden fahren durften. Das Auto lief problemlos, zwei Stunden später waren wir qualifiziert. Über Nacht baute das andere Team den Motor ein uns brachten den M3 wieder an den Nürburgring zurück. Unsere Mechaniker bauten noch ein paar Anbauteile an – fertig war der M3 ca. 30min vor dem zweiten Zeittraining. Das zweite Zeittraining lief problemlos, Michael, Martin, Chantal und Rolli konnten sich rechtzeitig qualifizieren, die Freude war riesig, der M3 lief gut.
Es folgte ein ruhiger Tag, einzige Aufgabe für mich war noch die Installation des Wireless Access Points in der Box, was schnell erledigt war. An diesem Tag merkte man schon die Grösse des Events, im Fahrerlager wurde es durch die vielen Fans eng, man brauchte mehr Zeit, um sich von A nach B zu bewegen. Unterdessen leisteten unsere vier Damen Carmen, Francesca, Gabi und Natasa in der Küche Schwerstarbeit: Rüsten und Kochen für über 30 Personen (mit Gästen) ist nicht einfach, und wurde in Bezug auf den Aufwand unterschätzt. Das Essen war super, an dieser Stelle einen herzlichen Dank an die Küchencrew! Am Abend gingen wir früh ins Bett, um fit für den grossen Tag zu sein. Wie jeden Abend durfte das obligate Abendbier in der Ringvilla nicht fehlen.
Am Samstag war grosses Kino angesagt: Tausende von Personen schwirrten im Fahrerlager und um die Strecke rum. Das erste Mal hatten wir einen richtigen Stau, um von Adenau an den Ring zu kommen. Alles war surreal. Die vielen Fans von gross bis klein voller Begeisterung dabei. Auch wir als ‚Nobody‘ durfte Autogramme geben und Kartreifen signieren, die im Fahrerlager von Dunlop offeriert wurden. Cool! Kurz nach Mittag war die Boxengasse geöffnet und wir fuhren die Autos bereits auf die Startaufstellung.
Hinter uns stand Smudo von den Fantastischen 4 im Öko Auto, vor uns stand Rehs Race Team mit dem BMW 1er GTR mit der Werbung, die auch dieses Jahr wieder für viel Aufsehen sorgte: Mia Magma (Pornodarstellerin) war nicht nur auf dem Auto zu sehen sondern auch in Person anwesend und machte Werbung für ihren neuen Film, in dem sie sich von ihrer besten Seite zeigte. Nicht ganz jugendfrei. Unser Kamerateam nutzte die Zeit für Videos, die später das Intro unseres Films bilden sollen. Langsam wurde mir klar: unglaublich, wir sind dabei, im Hauptakt des grössten Autorennens der Welt!
Um 16:00 startete das 24 Stunden Rennen. An der Spitze sorgte der BMW Z4 vom Team Schubert für Aufruhr, nach einer halben Runde Nordschleife hatte er bereits 8 Sekunden Vorsprung auf den Rest des Feldes. Unsere beiden Autos, die #94 und #95 starteten in der zweiten Startergruppe. Michael und Martin fuhren den Start und brachten die beiden BMW M3 sauber ohne Zwischenfälle über die ersten 90 Minuten. Dann war der erste Fahrerwechsel an der Reihe. Chantal übernahm die #94 von Martin ohne Probleme und Jürg übernahm die #95 von Michael. Leider kam es beim ersten Wechsel mit Michael zu einem schmerzhaften Zwischenfall. Michael stolperte beim Aussteigen und sein Fuss war unter dem Auto, als die Crew den BMW zur Tanksäule schob. Die Folge war eine sehr scherzhafte Zerrung und später die Gewissheit, dass Michael bedingt durch die Kupplung des M3 #94 nur noch die #95 mit sequentiell manuellem Getriebe fahren wird.
Jürg und Chantal fuhren konstante Rundenzeiten. Bei Beiden gab es einen kleinen Zwischenfall: Im Bereich Hatzenbach machte Jürg einem schnellen Porsche nicht sofort Platz und wurde unsanft auf die Wiese geschoben. In Chantal’s letzter Runde flog auf der Döttinger Höhe eine Türe quer über die Fahrbahn. Beide Vorfälle verliefen ohne Schaden, eine Portion Glück gehört eben auch dazu.
Dann war es soweit, mein erster Stint im 24 Stunden Rennen startete um 19:00. Die Fans an der Strecke waren zu diesem Zeitpunkt am Essen und am Grillen und das roch man im Cockpit gut. Zum Glück hatte ich zuvor etwas im Magen. Es war eine überwältigende Kulisse mit den viele Fans, mit Zelten und speziell für das Rennen gebauten ‚Häusern‘ an der Strecke.
Zum Ende meines Stints erlebte ich den Sonnenuntergang. Es war ein problemloser Stint, um das Auto besser kennenzulernen. Nach 90 Minuten übergab ich die #95 an Michael, der daraufhin die Fahrt in die Nacht geniessen durfte. Ich nutzte die Zeit, um das Erlebte zu verarbeiten, wenn ich mich recht erinnere bei Spagetti Bolognese. Nach guter Erholung ging ich in die Box und bereitete mich mit Jürg auf seinen Boxenstopp vor, er sollte die #95 um 22:00 von Michael übernehmen. Der Boxenstopp lief problemlos und Jürg fuhr seinen ersten Nachtstint. Dieser lief reibungslos, jedoch durfte Jürg eine Stop & Go Strafe absitzen für ein Vergehen um 19:00. Er fuhr ein paar km/h zu schnell in der Box, 1 min Strafe in der Boxengasse kostete Zeit. Nach einer halben Stunde öffnete sich plötzlich die Zeltwand und die #94 wurde ins Zelt geschoben. Was war passiert? Auf der Start-Ziel Geraden platze der neu eingebaute Motor ein zweites Mal an der gleichen Stelle. Ratlose Gesichter bei den Mechanikern und enttäuschte Gesichter bei den Fahrern. Der Motor hatte nur 6 Stunden gehalten. Wieder war Chantal am Steuer und wieder kein Verschulden der Fahrerin. Ich kann mir kaum vorstellen, wie sie sich gefühlt haben muss. So viel Pech in zwei Tagen, das kann doch einfach nicht sein!
Zeit mich auf meinen Nacht Stint vorzubereiten. Anziehen ist an der Reihe, ein paar Schokoladenriegel essen und dann ab in die Box zur Vorbereitung. Es war ca. halb zwölf Uhr nachts. Als Nachteule ist dies kein Problem für mich, ich war hellwach. 23:44, Zeit für den Boxenstopp. Jürg kam rein, wir machten den Wechsel. Lenkrad weg, Fangnetz entfernen und Bluetooth Modul und Handy austauschen. Dann rein ins Auto. Schlechte Sicht im Dunkeln machte das Angurten schwierig, die Stecker rutschten wieder raus, so verloren wir wertvolle Zeit. Irgendwann (das kommt einem selbst immer als Ewigkeit vor) war ich dann auch angegurtet und konnte losfahren. Was mir der Nachtstint bot war einfach phantastisch: Brennende Feuer am Rande der Strecke, Feuerwerkskörper und wieder guter Grillgeschmack. Die Dunkelheit bereitete mir jedoch Probleme, warum wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
In Runde 4 dann das Missgeschick: Ende Start-Ziel-Geraden gibt es ein enges S, die Linkskurve danach wurde mir zum Verhängnis. Tendenziell habe ich sie immer zu schnell angefahren. In der vierten Runde war ich gemäss Videoanalyse eine Sekunde zu früh am Gas. Dies hatte zur Folge, dass mir die Strasse am Kurvenausgang ausging und ich eine Offroad Einlage über das Kiesbett, die Wiese zurück auf die Strasse zum Besten gab. Nach kurzem Check hatte ich das Gefühl alles sei ok, funkte mit der Box und wir entschieden weiterzufahren. Schon nach ein paar km hörte ich Geräusche und spürte auch, dass etwas nicht in Ordnung war. So fuhr ich vorsichtig zurück an die Box und liess das Auto überprüfen. Es war ein gebrochenes Uniball Gelenk am hinteren Stabilisator. Nach 15 Minuten war das Teil repariert und die Fahrt ging weiter.
Auf der Grandprix Strecke dachte ich ‚Fernlicht‘? Das hatte ich ja ganz vergessen! Hatte ich das Fernlicht einmal an fuhr es sich im Dunkeln viel einfacher. Wie konnte ich dies vergessen? Es dauerte keine Runde wurde ich bereits von der Box kontaktiert. Stop & Go Strafe die Zweite, ich solle Ende diese Runde für 2min in der Boxengasse pausieren. Gleichzeitig auch die Mitteilung beim Dritten Vergehen würden wir disqualifiziert werden. Was ich zu dem Zeitpunkt nicht verstanden hatte: es war nicht mein Fehler. Denn ich dachte, ich sei zu schnell aus der Box gefahren. Dies war jedoch nicht der Fall sondern Jürg hat bei der Ausfahrt von der Stop & Go Strafe gleich nochmals die Geschwindigkeit überschritten, was den Offiziellen gar nicht gefallen hat. Also Ende Runde rein und zwei Minuten (gefühlte 10) absitzen. Der Rest meines Stints lief ohne Probleme, jedoch fuhr ich mit einem flauen Gefühl im Magen, das sich erst wieder löste, als ich ein Gespräch mit Michael und Role hatte und aufgeklärt wurde, dass ich (mal abgesehen vom Abflug) gar keinen Fehler gemacht hatte.
Der Abflug, die Feuerwerke und Stop & Go Strafe ist in diesem Kurzvideo zu sehen:
Nach diesem Stint ging ich das erste Mal schlafen, ca. zwei Stunden mit Unterbrüchen. Besonders bequem war es nicht auf der Isomatte im Lastwagen und auch viel zu warm. Irgendwann kurz nach dem Aufstehen wurde ich von Sarah angesprochen. Sie sprach Französisch und ich habe verstanden, dass ich noch 50 Minuten Zeit habe. Also gemütlich ein Müsli essen und dann später mal in der Box vorbeischauen. Es ging nicht lange da kam Sarah wieder: Noch eine Runde dann kommt er rein! Sie hat gesagt 15 Minuten, nicht 50…Französisch nach 2 Stunden Schlaf bei mir anscheinend nicht die beste Sprache. Also schnell das Rennkleid anziehen und ab in die Box. Dort das übliche Prozedere mit Ohrstöpsel, Kopfhaube, Helm und Trinkfasche, so war ich rechtzeitig für den Wechsel bereit.
12 Stunden sind rum, Halbzeit!
Der zweite Nachtstint ab 4:42 lief viel routinierter, ich hatte auch von Anfang an das Fernlicht eingeschaltet. Das hat gewirkt, denn die Zeiten waren auf Anhieb eine Minute schneller als beim ersten Nachtstint. Dies lag natürlich auch an den Gelbphasen, die viel rarer wurden. In der ersten halben Stunde wurde es immer heller, nach einer Stunde durfte ich den Sonnenaufgang miterleben – herrlich! Nach aufregungslosen 90 Minuten übergab ich den BMW an Martin.
13 Stunden hatten wir schönes Wetter und trockene Piste, dies sollte sich gleich ändern. Bereits nach 10 Minuten in Martin’s Stint setzte Nieselregen ein. Über die Zeit wurde der Regen immer stärker, nach 45 Minuten war die Strecke nass und Martin kam zum Reifenwechsel an die Box. Martin brachte die #95 sicher über die nächsten 70 Minuten, aus taktischen Gründen durfte er eine Runde mehr als geplant fahren und übergab erst kurz nach 8:00 Uhr an Michael.
Zu Beginn von Michael’s Stint war die Strecke noch nass, sie trocknete jedoch schnell ab und nach einer halben Stunde war sie nur noch an gewissen Stellen abseits der Ideallinie feucht. Nach 50 Minuten kam Michael rein zum Wechsel auf Slicks. Es folgten schnellere Rundenzeiten und kurz vor 10:00 Uhr übernahm Jürg das Lenkrad zum letzten Mal in diesem Rennen. Er brachte den M3 vorsichtig über die nächsten 90 Minuten und übergab mir um 11:20 für meinen letzten Stint das Lenkrad.
Der letzte Stint war einfach nur schön. In den ersten drei Runden gab es, wenn ich mich recht erinnere, keine Gelbphasen und ich konnte das Auto gut rollen lassen. So kam gleich in der zweiten Runde meine persönliche Bestzeit zu Stande. Man spürte, dass es dem Ende zugeht. Auch die Top Teams fuhren langsamer und überholten nicht mehr aggressiv auf der letzten Rille, die langsameren Fahrzeuge liessen einem zuvorkommend vorbei. Kurz vor Schluss bekam ich dann noch eine wunderbare Nachricht: „Du musst eine Runde mehr fahren“ sagte Role. Der BMW lief zuverlässig wie eine Schweizer Uhr und nach etwas über 90 Minuten übergab ich überglücklich für den zweitletzten Stint an Martin, Michael sollte den Schluss fahren.
In der Box spürte man die Anspannung, nun war nichts mehr mit Schlafen, es war 13:00. Martin fuhr seinen letzten Stint ebenfalls mit 9 Runden, damit in Michaels letztem Stint nicht mehr nachgetankt werden musste. Der Sprit würde so genau für die letzten 8 Runden reichen mit einer Runde Buffer im Tank. Martin trug das Auto über die Strecke und übergab um 14:45 an Michael.
Von Runde zu Runde wurde die Anspannung grösser. Es gab noch diverse Ausfälle, an der Spitze wie auch quer durchs Feld. In der Regel waren die Ausfälle technischer Natur. Die Nummer #97, das Britische Team im baugleichen Auto mit den Fahrern Povey, Clarke, Kirkwood und Donaldson konnte bis auf 5 Minuten zu uns aufschliessen. Wir auf P2 in der Klasse SP6 bis 3500ccm Hubraum, sie auf P3. Das waren 5 Minuten auf 24 Stunden…unglaublich. Trotz Schmerzen fuhr Michael gute Zeiten und konnte die Verfolger distanzieren. Dann gab Role seinen letzten Funkspruch: „noch eine Runde“.
Wir bewegten uns alle nach vorne zur Boxenmauer. Ich ergatterte mir einen guten Platz auf dem Gitter ganz oben. Nun war Warten angesagt. Nach kurzer Wartezeit plötzlich ein Knall. Wir konnten unseren Augen kaum glauben: ein Renault Clio vom Team Roadrunner Racing ist auf der Start-Ziel-Geraden auf den Wochenspiegel Porsche, eines der Top Fahrzeuge (ins Rennen gestartet von P6) aufgefahren. Die Front steckte im Heck des Porsches, der Clio stand quer auf der Strasse. Der Aufprall muss heftig gewesen sein. Was war passiert? Dem Porsche ist der Sprit ausgegangen und er rollte aus. Der Clio Fahrer hat mit der Uhr, der Aufregung und der vielen Fans den Porsche vermutlich übersehen oder seine Geschwindigkeit falsch eingeschätzt, es ist auch sehr ungewöhnlich, dass ein Rennfahrzeug bei Rennende auf der Start-Ziel-Geraden parkt. Bitter für beide Fahrer und Teams, sie wurden nicht gewertet.
Kurz danach kam Michael über die Ziellinie, was danach kam war sehr viel Jubel und ich mag mich daran erinnern viele Teammitglieder umarmt und in die Höhe gehoben zu haben. Wir waren überglücklich, was für ein Erlebnis!
Nach dem Zusammenpacken gingen wir alle zusammen im Aviano essen. Kurz bevor Sarah am Tisch einschlief sagte sie einen Satz, der hier gut zum Schluss passt: „Si tu respectes la piste, la piste te respecte aussi.“
Resultate
Gestartet: 169 Fahrzeuge ( gemeldet 176 )
Zuschauer: 235‘000
#94
In Folge Motorschaden ausgeschieden (nach 34 Runden - 6h 28min)
#95
Klassenrang: 2 (von 6 gestarteten)
Gesamtrang: 68 (von 169 gestarteten)
Anzahl Runden: 123 (3121 km)
Wir Fahrer (Chantal, Jürg, Martin, Michael, Roland, Ronny) bedanken sich bei der super Widberg Crew und ihren freiwilligen Helfern, namentlich Carmen, Francesca, Gabi, Natasa, Sarah, Anthony, Bruno, Björn, Claudio, Daniel, Flurin, Marco, Richard, Role und Thomas. Herzlichen Dank für Euren tollen Einsatz!
(c) ARED Motorsport / Ronny Tobler